Jahressteuergesetz 2010: Der Referentenentwurf liegt vor

Der 151 Seiten umfassende Referentenentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2010 beinhaltet eine Vielzahl thematisch nicht verbundener Einzelmaßnahmen. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte.
Hinweis: Der Referentenentwurf bildet ein sehr frühes Stadium im Gesetzgebungsverfahren ab, sodass bis zum Inkrafttreten noch diverse Änderungen zu erwarten sind.
Kapitalerträge
Neue Korrekturregeln bei der Abgeltungsteuer: Durch die seit 2009 geltende Abgeltungsteuer soll die Veranlagung beim Privatanleger weitestgehend entbehrlich sein. Dieser Entlastungseffekt soll auch dann eintreten, wenn das Kreditinstitut Fehler bei der Ermittlung der abzuführenden Kapitalertragsteuer macht, die erst in einem späteren Jahr entdeckt werden.
Um aufwendige jahresübergreifende Korrekturen zu vermeiden, soll das jeweilige Kreditinstitut Änderungen bei der Höhe der Kapitalerträge oder der zu erhebenden Kapitalertragsteuer nicht rückwirkend, sondern erst im Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Fehlers vornehmen. Beim Kapitalanleger soll sich die Korrektur ebenfalls erst in dem Kalenderjahr auswirken, in dem die Korrektur durch die Bank vorgenommen wurde. Diese Änderungen sollen rückwirkend bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelten.
Schenkungen: Meldet die Bank dem Finanzamt geschenkte Wertpapiere oder Depots, soll künftig auch die Steuer-Identifikationsnummer des Schenkers und des Beschenkten übermittelt werden müssen. Liegen diese Daten nicht vor, wird eine steuerpflichtige Veräußerung unterstellt.
Nichtveranlagungs-Bescheinigung: Einem Steuerpflichtigen wird auf Antrag eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung) durch das Finanzamt erteilt, wenn aufgrund niedriger Einkünfte zu erwarten ist, dass keine Einkommensteuer zu zahlen ist. Ab 2012 ist geplant, dass Kreditinstitute Kapitalerträge, die aufgrund einer NV-Bescheinigung vom Steuerabzug freigestellt worden sind oder bei denen bereits gezahlte Kapitalertragsteuer erstattet wurde, an das Bundeszentralamt für Steuern melden müssen.
Dadurch können die Finanzämter nachträglich überprüfen, ob die bei Beantragung der NV-Bescheinigung gemachten Angaben zu den Kapitaleinkünften zutreffend waren.
Freistellungsaufträge: Die Steuer-Identifikationsnummer soll zukünftig auch in den Freistellungsaufträgen verpflichtend anzugeben sein. Bestehende Freistellungsaufträge bleiben zunächst gültig. Sie sollen ihre Gültigkeit ab dem Jahr 2015 verlieren, wenn dem Kreditinstitut bis dahin keine Identifikationsnummer vorliegt.
Einkommensteuer
Verlustfeststellung: Die Regeln zur Verlustfeststellung sollen ab 2010 geändert werden, sodass die aktuelle – für den Steuerbürger günstige – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs damit gegenstandslos wird. Entscheidender Tenor der Rechtsprechung ist, dass die Verlustfeststellung gegenüber der Einkommensteuerveranlagung selbstständig ist. Somit ist der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nicht von der verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung im Verlustfeststellungsjahr abhängig.
Die Neuregelung sieht dagegen eine inhaltliche Bindung der Verlustfeststellungsbescheide an die der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegten Beträge vor. Der Einkommensteuerbescheid wirkt also wie ein Grundlagenbescheid. Mit der Änderung sollen erstmalige oder korrigierte Verlustfeststellungen nach der Bestandskraft des Steuerbescheids für nachträglich erklärte Verluste nur möglich sein, wenn der Steuerbescheid geändert werden kann.
Spekulationsgeschäfte: Der Bundesfinanzhof entschied in 2008, dass die Veräußerung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs (z.B. Pkw) innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung steuerbar ist. Da bei diesen Veräußerungen regelmäßig Verluste erzielt werden und es die Finanzverwaltung nicht für sachgerecht hält, derartige Verlustgeschäfte steuerrechtlich wirksam werden zu lassen, soll der Verkauf von Gebrauchsgütern nicht mehr zu den Spekulationsgeschäften zählen.
Handwerkerleistungen: Nach derzeitigem Recht gilt die 20 %-ige und auf 1.200 EUR beschränkte Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht für Maßnahmen, die nach dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank durch zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse gefördert werden. Ab 2011 soll der Ausschluss der Doppelförderung auf weitere Förderprogramme, wie z.B. „Altersgerecht umbauen” erweitert werden.
Umsatzsteuer
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers: Zur Vermeidung von Steuerausfällen regelt das Reverse-Charge-Verfahren, dass nicht der Leistungserbringer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Dieses Verfahren soll ab 2011 sowohl auf steuerpflichtige Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen als auch auf die Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen erweitert werden. Unter die letztgenannten Umsätze fällt insbesondere auch die Hausfassadenreinigung und die Fensterreinigung.
Beim Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen soll es jedoch nur dann zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft kommen, wenn der Unternehmer, an den die Leistung erbracht wird, selbst derartige Leistungen erbringt.
Vorsteuerabzug: Der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke soll ab 2011 auf die unternehmerische Verwendung beschränkt werden. Der volle Vorsteuerabzug (also auch für den privat genutzten Gebäudeteil) scheidet folglich aus. Im Gegenzug unterliegt dann die Verwendung des Grundstücks für private Zwecke nicht mehr der unentgeltlichen Wertabgabe.
Diese Neuregelung basiert auf einer Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, die vom Gesetzgeber bis zum 1.1.2011 umzusetzen ist. Im Jahressteuergesetz 2010 ist aber ein Bestandsschutz vorgesehen, sofern die Immobilie in 2010 angeschafft bzw. fertiggestellt wird. Um von dem Zins- und Liquiditätsvorteil des sogenannten Seeling-Modells profitieren zu können, sollten Investitionen – nach Möglichkeit – vorgezogen werden.
Weitere Änderungen
Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2010 beinhaltet neben den vorgestellten Änderungsplänen zahlreiche weitere Punkte. So sind u.a. Änderungen im internationalen Steuerrecht, im Investmentsteuergesetz und im Verfahrensrecht (z.B. vereinfachte Verlagerung der Buchführung in das Ausland) vorgesehen (Referentenentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2010 vom 29.3.2010).