Außergewöhnliche Belastung: Künstliche Befruchtung mit Fremdsamen

Das Finanzgericht Niedersachsen hat die wegen einer inoperablen Sterilität des Ehemannes verursachten Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung der Ehefrau mit Fremdsamen als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Das Finanzgericht ist damit der bislang vorherrschenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegengetreten, wonach Maßnahmen zur Fortpflanzung nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn eine homologe künstliche Befruchtung mit dem Samen des Ehemannes oder festen Partners durchgeführt wird.
Die Finanzrichter aus Niedersachsen sind der Auffassung, dass Aufwendungen für die Übertragung von Spendersamen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind, wenn der männliche Partner unter einer organisch bedingten Sterilität leidet und daher nicht in der Lage ist, auf natürlichem Weg Kinder zu zeugen. Bei der künstlichen Befruchtung mit Fremdsamen handelt es sich um eine auf das spezielle Krankheitsbild des Mannes abgestimmte, medizinisch indizierte und ärztlich zulässige Heil- oder Therapiemaßnahme. Diese wird mit dem Ziel durchgeführt, die Krankheitsfolgen aufgrund der ungewollten Kinderlosigkeit des Paares abzumildern. Insoweit sind die entstandenen Heilbehandlungskosten zwangsläufig entstanden und steuermindernd zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht hält eine Gleichbehandlung bei der Unfruchtbarkeit einer Frau mit der Zeugungsunfähigkeit eines Mannes unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit für geboten. Eine Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen das Grundgesetz.
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, sodass letztlich der Bundesfinanzhof in München zu entscheiden haben könnte (FG Niedersachsen, Urteil vom 5.5.2010, Az. 9 K 231/07).