Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Steuerentlastungen sind in Kraft

Nach zähen Verhandlungen mit den Bundesländern ist das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) nunmehr in Kraft. Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte für die Praxis:
Kindergeld und Kinderfreibetrag
Ab 2010 gibt es pro Kind 20 EUR mehr Kindergeld. Das bedeutet: Für das erste und zweite Kind beträgt das monatliche Kindergeld 184 EUR, für das dritte Kind 190 EUR und für jedes weitere Kind 215 EUR.
Auch der Kinderfreibetrag wurde angehoben: Statt bei 6.024 EUR liegt der Kinder- und Betreuungsfreibetrag jetzt bei 7.008 EUR jährlich. Die Steigerung hat in jedem Fall einen entlastenden Einfluss auf den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Für geringwertige Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2009 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden, besteht ein Wahlrecht, dass bezogen auf das Wirtschaftsjahr einheitlich ausgeübt werden muss:

  • Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu 410 EUR kann die Sofortabschreibung gewählt werden.
  • Alternativ kann wie bisher ein Sammelposten für alle Wirtschaftsgüter von mehr als 150 EUR bis zu 1.000 EUR gebildet werden. Alle Wirtschaftsgüter, die in diesem Sammelposten erfasst werden, sind über 5 Jahre abzuschreiben. Wirtschaftsgüter bis zu 150 EUR sind sofort abzuschreiben.

Bei den Überschusseinkünften (z.B. Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit) ändert sich an der bestehenden 410-EUR-Grenze nichts.
Umsatzsteuerermäßigung für Beherbergungsleistungen
Ab dem 1.1.2010 gilt für Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %. Die Ermäßigung umfasst sowohl die Umsätze des klassischen Hotelgewerbes als auch die kurzfristigen Beherbergungen in Pensionen, Fremdenzimmern und vergleichbaren Einrichtungen. Klarstellend wurde aufgeführt, dass die Neuregelung auch für die kurzfristige Überlassung von Campingplätzen Anwendung findet. Als kurzfristig gilt ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten.
Der Regelsteuersatz von 19 % ist hingegen anzuwenden, wenn die Leistungen nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind. Dies gilt z.B. für die Verpflegung, den Zugang zu Kommunikationsnetzen (insbesondere Telefon und Internet), die TV-Nutzung („pay per view”), Wellnessangebote, die Überlassung von Tagungsräumen und sonstige Pauschalangebote.
Infolge der zahlreichen Abgrenzungsprobleme hat die Bundesregierung ein Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung angekündigt.
Erbschaft und Schenkungsteuer
Für Personen in der Steuerklasse II sinkt der Steuersatz von bisher 30 % bzw. 50 % auf einen neuen Stufentarif zwischen 15 % und 43 %. Die Steuerentlastungen gelten für Vermögensübertragungen ab 2010 und begünstigen insbesondere die Zuwendungen von Bruder, Schwester, Onkel oder Tante.
Die Bedingungen für die steuerbegünstigte Unternehmensnachfolge wurden entschärft:

  • Einerseits wurden die Zeiträume, in denen das Unternehmen fortgeführt werden muss, bei der Regelverschonung (Steuerbefreiung zu 85 %) von sieben auf fünf Jahre und bei der 100-prozentigen Steuerfreistellung von zehn auf sieben Jahre reduziert.
  • Zum anderen wurden die erforderlichen Lohnsummen nach unten angepasst: Bei der Regelverschonung von 650 % auf 400 % und bei der 100-prozentigen Steuerfreistellung von 1.000 % auf 700 %. Die Lohnsummenregelung gilt nur noch bei mehr als 20 Beschäftigten, zuvor lag die Grenze bei 10 Arbeitnehmern.

Diese Neuregelungen sind erstmals auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht. Sofern das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 auf Antrag bereits in 2007 und 2008 angewendet wurde, gelten die Entlastungen auch rückwirkend.
Gewerbesteuer
Der gewerbesteuerliche Hinzurechnungssatz bei Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter sinkt ab dem Erhebungszeitraum 2010 von 65 % auf 50 %.
Entschärfung der Verlustabzugsbeschränkungen
Bei Kapitalgesellschaften wurde die Vorschrift zum Verlustabzug, wonach Verlustvorträge nicht mehr genutzt werden können, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % des Anteilsbesitzes auf einen Erwerber übergehen (quotaler Untergang bei über 25 % bis 50 %) entschärft:

  • Verluste bleiben erhalten, sofern das Unternehmen qualifiziert saniert wird. Die ehemals befristete Sanierungsklausel gilt demnach über 2009 hinaus zeitlich unbeschränkt weiter.
  • Ferner bleiben die nicht genutzten Verluste erhalten, sofern sie die vorhandenen stillen Reserven des inländischen Betriebsvermögens nicht übersteigen. Dabei wird auf die stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs abgestellt.
  • Darüber hinaus wurde eine Konzernklausel aufgenommen, die den Abzug von Verlusten bei Umstrukturierungen innerhalb verbundener Unternehmen ermöglicht. Danach bleiben von der Verlustverrechnungsbeschränkung Umstrukturierungen ausgenommen, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person oder Gesellschaft zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist.

Zinsschranke
Übersteigen bei einem Unternehmen die Zinsaufwendungen die Zinserträge, kann die Zinsschranke zur Anwendung kommen. Ist dies der Fall, sind die Zinsaufwendungen nicht mehr uneingeschränkt abzugsfähig.
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde die Vorschrift weiter entschärft. So wurde z.B. die Freigrenze, die durch das Bürgerentlastungsgesetz zeitlich befristet von 1 Mio. EUR auf 3 Mio. EUR erhöht wurde, dauerhaft angehoben. Dies bedeutet: Beträgt der Saldo aus Zinsaufwendungen und Zinserträgen nicht mehr als 3 Mio. EUR, ist die Zinsschranke nicht anzuwenden. Bei dieser Größenordnung wird die Zinsschranke in der Praxis wohl nur selten eine Rolle spielen (Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22.12.2009, BGBl I 09, 3950).