Gewerbesteuer: Zur rückwirkenden Erfassung von Gewinnanteilen

Nach Überzeugung des Finanzgerichts Münster verstößt es gegen das Verfassungsrecht, dass Gewinnanteile, die eine Kapitalgesellschaft vor dem 20.12.2001 aus sogenanntem Streubesitz vereinnahmt hat (jene Aktien eines Unternehmens, die am Markt frei gehandelt werden und nicht im Besitz von Anlegern sind, welche sich dauerhaft an der Unternehmung beteiligen wollen), rückwirkend gewerbesteuerlich erfasst werden. Das Gericht hat deshalb die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob die für das Jahr 2001 geltende zeitliche Anwendungsregelung des Gewerbesteuergesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Im zugrunde liegenden Fall ist eine als Vermögensverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft tätige GmbH, die weniger als 10 Prozent der Anteile an einer anderen GmbH hielt, betroffen. Am 15.12.2001 beschloss die Gesellschafterversammlung dieser GmbH, einen Teil ihres im Jahr 2001 erzielten Gewinns noch im selben Jahr an die Gesellschafter auszuschütten. Der auf die GmbH entfallende Anteil wurde bereits am 17.12.2001 auf ihr Konto überwiesen. Dieser Gewinnanteil war zum Zeitpunkt der Überweisung nicht gewerbesteuerpflichtig. Erst am 24.12.2001 wurde eine Änderung des Gewerbsteuergesetzes im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht, wonach auch die von einer Kapitalgesellschaft erzielten Gewinnanteile aus Streubesitz der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Danach sollte die Neufassung auf alle Gewinnanteile aus Streubesitz Anwendung finden, die im Jahre 2001 ausgeschüttet worden sind.

Hinweis: Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Neuregelung verfassungswidrig, soweit sie auch die Gewinnausschüttungen aus Streubesitz der Gewerbsteuerpflicht unterwirft, die vor Bekanntmachung der Änderungen im Bundesgesetzblatt ausgezahlt worden sind. Dem Grundgesetz sei zu entnehmen, dass das Vertrauen des Bürgers in die bestehende Rechtslage so lange schützenwert sei, bis die geänderte Rechtslage veröffentlicht wird. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass Gründe vorliegen, die eine ausnahmsweise rückwirkende Anwendung rechtfertigen könnten (FG Münster, Vorlagebeschluss vom 2.3.2007, Az. 9 K 5772/03 G).